Fachvortrag zum 11 jährigen Jubiläum "Transgenerationales Trauma" von A. Korritko
Grußwort zum 11 jährigen Jubiläum von der Gründerin und Geschäftsführerin Jelle Stollenwerk
Im Mai vor 11 Jahren wurde der Jugendhilfeträger Selbst und Sicher e.V. gegründet mit dem Wunsch, die Jugendhilfelandschaft zu bereichern und insbesondere schwer belasteten Menschen ein passendes Hilfeangebot machen zu können. Mehr als 20 Jahre konnte ich als Traumapädagogin und Traumatherapeutin Erfahrungen in der Arbeit mit traumatisierten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sammeln, bevor ich mich zu diesem Schritt entschlossen hatte. In diesen Jahrzehnten habe ich zahlreiche Erfahrungen gesammelt in Gruppen- und Einzelangeboten im Bereich der Gewaltprävention und Intervention mit dem Schwerpunkt sexualisierter Gewalt.
Auch die Arbeit mit jugendlichen Intensivstraftäterinnen, die alle durchweg schwer traumatisiert waren, motivierte mich zu dem Schritt, ein eigenes Angebot im Rahmen der Jugendhilfe zu entwickeln, was die besondere Situation traumatisierter Menschen berücksichtigt. Unterstützung erhielt ich auf diesem Weg von vielen Seiten: unter anderem von Jugendamtsmitarbeiterinnen, die mich zu diesem Schritt ermutigten, Menschen aus der Sozialbehörde, die immer wieder geduldig Fragen zu den ganzen Formalitäten beantworteten oder auch die Mitfrauen des Vereins, die allesamt als Unterstützerinnen in diesem Prozess mit ihrer breit gestreuten fachlichen Expertise stets beratend an unserer Seite gewesen sind.
2010 war ein Gründungsjahr, in dem andere kleinere Träger sehr besorgt waren, was die nächsten Jahre bringen werden und ob sie überhaupt überleben können. Die Diskussion, ob durch Sozialraum-Projekte die teuren ambulanten Hilfen eingespart werden können, war voll im Gange. Mich wunderte es also nicht, dass man uns in manchen Arbeitskreisen Mut bescheinigte, dass wir ausgerechnet jetzt einen neuen kleinen Träger gründen. Aber wie das so ist, wenn man unbeirrt etwas verfolgt, von dem man überzeugt ist: wir haben einen kleinen Schritt nach dem nächsten in Angriff genommen und uns auf unser Ziel konzentriert.
Gestartet sind wir mit den Angeboten im Bereich des Sozialen Gruppentrainings und der ambulanten Betreuung Jugendlicher. Etwas später kam dann die Sozialpädagogische Familienhilfe dazu. Und wir bedeutet natürlich, dass es eben auch ein starkes Team gibt, das traumasensible Haltung in den Hilfen lebendig werden lässt. Unser Team hat inzwischen 12 Mitarbeiter:innen und arbeitet an drei Standorten in Bramfeld, Langenhorn und dem Tegelsbarg. Wir sind sehr bewusst langsam gewachsen, um immer unsere Qualität zu erhalten, die durch den schnellen Informationsaustausch und das Vertrauen untereinander im Team gewährleistet wird. Traumasensibel kann nicht gearbeitet werden, wenn die Strukturen, in denen Belastendes ausgehalten werden muss, nicht auch nach innen wertschätzend und ressourcenorientiert sind.
Unsere Mitarbeiter:innen sind sämtlich traumapädagogisch qualifiziert (oder in Ausbildung dazu) und verfügen über unterschiedliche Zusatzqualifikationen im Bereich systemischer Beratung/Therapie, Traumatherapie, Marte Meo oder auch Tanztherapie. Unsere pädagogischen Leitungen für den Bezirk Wandsbek und Nord, Frau Schießer und Frau Berry, sind 2 von 4 ausgebildeten Kinderschutzfachkräften, die intern eine regelmäßige KWG-Sprechstunde bereitstellen, in der alle potentiellen Fälle kontinuierlich angeschaut werden. Unsere Fälle werden zusätzlich professionell extern supervidiert und neben der wöchentlichen kollegialen Beratung immer vor dem Hintergrund einer potentiellen Trauma-Symptomatik verstanden.
Im Rahmen des Projektes Power Women und Power Kids bilden wir nun Menschen mit Migrationshintergrund aus, Kurse für Frauen und Kinder zu geben, die seelisch belastet sind. So werden Methoden der Selbstregulation und Selbstbehauptung erlernt und weitergegeben. In diesem Rahmen bringen wir heute das Wissen um Trauma und deren Behandlung in die Sozialräume und in den Austausch. In den PowerKids-Kursen werden Familien der Weg zum Jugendamt geöffnet, die vorher eher misstrauisch gegenüber potenziellen Hilfen eingestellt waren. Geplant ist, diese Ausbildung nun auch für Sozialpädagogen aus sozialen Einrichtungen anzubieten, um möglichst viele Kinder zu erreichen.
Rechtzeitig zur Corona-Krise haben wir das Zentrum Für Alle eröffnet am Johannes-Büll-Weg 5, ein Ort, in dem Angebote für den Sozialraum entwickelt werden können. Das Zentrum soll eine Brücke schaffen zwischen den Menschen der Wohnunterkunft und den alteingesessenen Mitbürger:innen aus dem Tegelsbarg. Wir hoffen auf das Leben nach der Pandemie, um zu sehen, ob die vielen Ideen, die entwickelt wurden, hier umgesetzt werden können.
Seit 2017 bieten wir außerdem die Traumasprechstunde Wandsbek an, ein Projekt für traumatisierte Familienmitglieder, die in Wohnunterkünften in Wandsbek leben. Dieses zweite Kooperationsprojekt mit dem ASD Zuwanderung in Bramfeld schließt die immer noch existierende große Versorgungslücke im Bezirk Wandsbek.
Besonders zu Beginn haben wir kontinuierlich Fortbildungen im Bereich Trauma angeboten und hierfür Referenten aus ganz Deutschland eingeladen. Alexander Korritko ist einer der Referenten, der uns gerade in den ersten Jahren häufig besucht hat, so dass ich mich riesig freue, ihn für unseren Jubiläumsvortrag gewonnen zu haben zum Thema „Transgenerationale Traumatisierung“. Der Vortrag wird noch eine Weile auf unserer Homepage zu sehen sein. Auf der Homepage können Sie sich auch über unsere aktuellen Fortbildungen im kommenden Jahr informieren.
Zum Abschluss bleibt, dass wir uns bei allen für die gute Zusammenarbeit bedanken möchten, und wir wünschen Ihnen vor allem: Bleiben Sie gesund!!
Jelle Stollenwerk (Gründerin und Geschäftsführerin), 2021